Sie nannten ihn „Schufro“…
Aus dem Leben des Geschäfts- und Pferdemannes Otto Schulte-Frohlinde
Am 12. Februar diesen Jahres wäre der frühere Mäzen, Gestütsbesitzer und Unternehmer Otto Schulte-Frohlinde 100 Jahre alt geworden. Mit dem Jahrtausendhengst-Hengst Donnerhall wird sein Name zusätzlich für immer verbunden bleiben…
Alwin Schockemöhle sagt über ihn: „Er war ein wahrer Glücksfall für den Reitsport.“ Er meint Otto Schulte-Frohlinde, „Schufro“ genannt. Beide verband eine tiefe Freundschaft über 30 Jahre lang, bis zum Tode des Unternehmers im Jahre 1990. Kennengelernt hatten sie sich bei den Olympischen Reiterspielen 1956 in Stockholm, Schufro weilte in der schwedischen Hauptstadt als interessierter Zuschauer, Schockemöhle und sein Kumpel Reiner Klimke aus gemeinsamen Trainingstagen in Warendorf aus anderen Gründen. Sie hatten sich nämlich für Olympia qualifiziert, Schockemöhle in der Military, die heute Vielseitigkeit heißt, Klimke in der Dressur. Den deutschen Verbandsmächtigen hatten sie aber noch zu wenig Erfahrung und wurden nicht in den Olympia-Dress gesteckt. Verärgert wechselte Klimke anschließend in die Military, Schockemöhle vergrätzt ins Lager der Springreiter. Seit Stockholm unterstützte Schulte-Frohlinde den 20 Jahre jüngeren Alwin Schockemöhle, beide hatten mehrere Weltklassepferde zusammen, so Donald Rex, vielleicht Schockemöhles bester Jumper, Rex The Robber und eben Warwick Rex. Mit diesem Hannoveraner gewann der vielleicht beste Springreiter aller Zeiten am 27. Juli vor 40 Jahren in Bromont östlich von Montreal nach zwei Umläufen über insgesamt 14 Oxer – alle bis 2,20 m tief (!) und zwischen 1,50 und 1,70 m hoch – fehlerlos die Einzelgoldmedaille in einer bis dahin geradezu unbekannten Souveränität. In seinem Heimatort Mühlen läuteten deswegen abends die Kirchenglocken…
Aber „Schufro“ unterstützte nicht nur Schockemöhle, sondern auch die später so überaus erfolgreiche Dressurreiterin Karin Schlüter, das bekannte Reiter-Ehepaar Maria und „Bubi“ Günther hatte ebenfalls Pferde von ihm, und er darf als Entdecker des großartigen Ausbilders und 1994 zum „Reitmeister“ ernannten Herbert Rehbein bezeichnet werden.
Die schwersten Stunden als Vorsitzender
Otto Schulte-Frohlinde wurde als drittes von vier Geschwistern 1916 auf dem elterlichen Bauernhof in Dortmund geboren. Bereits in seiner Jugend spielten Pferde eine große Rolle, der gesellschaftliche und wirtschaftliche Aufstieg begann mit der Gründung der Firma „Rex-Mineralölgesellschaft Paul Ziegler & Co“. Er verleugnete seine bäuerliche Herkunft nie. Mit dem Öl und dem Ost-Westhandel floss auch ordentlich Geld aufs Konto von Schufro. Er siedelte in den 60er Jahren in das damalige West-Berlin um, unterhielt dort bald auch einen Turnierstall. Er wurde Vorsitzender des Berliner Landesverbandes und später auch Chef im Springausschuss des Deutschen Olympiadekomitees für Reiterei.
Als Vorsitzender des Springausschusses hatte er kurz vor den Olympischen Sommerspielen in München 1972 die heikelste Aufgabe zu erledigen. Am 8. Juni 1972 erhält er ein Telex übermittelt, wonach elf Springreiter „unwiderruflich nicht mehr bereit sind, in einer Olympia-Mannschaft mit Hans Günter Winkler zu reiten“. Die Aufrührer warfen Winkler vor, er habe sich unsportlich verhalten, bei Sichtungsturnieren gefehlt und sei vom deutschen Verband und durch Neckermanns Sporthilfe unzulässig bevorzugt worden.
Einen Tag nach dem deutschen CHIO vermag „Schufro“ unter dem Klicken und Surren von Kameras am 10. Juli im Hotel Quellenhof in Aachen die Wogen zu glätten. Mit Winkler auf Torphy, Fritz Ligges auf Robin, Gerd Wiltfang auf Askan und Hartwig Steenken auf Simona gewinnt Deutschland in München den Preis der Nationen und damit die letzte Goldmedaille der Olympischen Spiele 1972.
Grönwohldhof und Donnerhall
1969 erwarb Otto Schulte-Frohlinde den landwirtschaftlichen Betrieb „Grönwohldhof“ in Grönwohld, nordöstlich von Hamburg in Schleswig-Holstein, gedacht für Pferdezucht und Landwirtschaft. Als Schufro mit 56 Jahren, einige Wochen nach den Olympischen Spielen in München, einen Schlaganfall erleidet, wird auf dem Hof nach den Plänen von Sohn Henrik eine Reitanlage erbaut, die ganz auf die Bedürfnisse des Vaters zugeschnitten war. Sohn und Tochter Ulrike unterstützen ihren Vater in diesen schwierigen Jahren. Die Reitanlage wird 1976 eröffnet. Aus Hamburg kamen als Trainer Karin und Herbert Rehbein. Innerhalb weniger Jahre wurde der Grönwohldhof zu einem florierendem Zentrum der Zucht und Pferdeausbildung.
Welches Gespür Schufro auch für Pferde hatte, zeigte sich an jenem Junitag 1981. Da brachte Züchter Otto Gärtner seine Rappstute Ninette zum zweiten Mal zu Hengst Donnerwetter auf den Grönwohldhof. Bei Fuß ein gerade neun Tage altes Fuchsfohlen. Gestütsleiter Werner Stahl ließ den Chef holen. Schulte-Frohlinde sah das Fohlen und kaufte es sofort per Handschlag, wie in Pferdekreisen üblich. Aus dem Fohlen wurde Donnerhall, der spätere Jahrtausendhengst mit Doppelkarriere als Vererber und großartiger Sportler unter Karin Rehbein. Donnerhall, der nie den Grönwohldhof verließ, ging 2002 an einer Darmvergiftung ein. Er hinterließ 121 gekörte Hengste und 450 Stuten. Die deutsche Dressur-Silber-Equipe bei den Olympischen Spielen 2012 in London – Helen Langehanenberg/Damon Hill, Kristina Sprehe/ Desperados und Dorothee Schneider/ Diva Royal – saß ausschließlich auf Donnerhall-Pferden und danach, beim Goldgewinn bei der Europameisterschaft 2013 in Herning, ersetzte die junge Fabienne Lütkemeier auf Donnerhall-Abkömmling D’Agostino Dorothee Schneider im London-Trio. 2014 gewannen die Ladies wieder Gold, gemeinsam mit Isabell Werth auf Bella Rose und auch 2015 waren wieder Don Johnson und Desperados in der Bronze-Mannschaft.
Otto Schulte-Frohlinde starb 1990 im Alter von 74 Jahren.
Dieter Ludwig