Rio-Generalprobe für Pepo Puch & Co
Österreichs Para-Dressurteam fixierte Ende Jänner 2016 überraschend den Quotenplatz für die Paralympischen Spiele in Rio de Janeiro (7.-18.9.)! Pepo Puch, Gold- und Bronzemedaillengewinner von London 2012 und Para-Dressurreferentin Dr. Eva-Maria Bachinger sind so etwas wie Vater und Mutter des Erfolges. Beide sind bei den Österreichischen Meisterschaften am Schindlhof zu Gast.
„Ich freue mich riesig, dass wir es als vergleichsweise kleine Nation geschafft haben, uns als Team für Rio zu qualifizieren. Es ist wirklich beachtlich, wenn man schaut, welche Nationen wir da hinter uns gelassen haben“, freut sich Pepo Puch erstmals mit einem kompletten Vierer-Team, die Reise zu den Paralympics in Brasilien antreten zu können. Zuletzt in London waren der steirische Behindertensportler des Jahres und Para-Pionier Thomas Haller für Österreich dabei.
Österreich hielt sich in der FEI Weltrangliste der Para-Dressurteams mit einem Score von 857 Punkten (die Summe der beiden rotweißroten Top-Ergebnisse der Nationenpreise in Arezzo, 429,773 Punkte und im Magna Racino mit 427,505) als Dritter locker unter den Top-7 und erreichte damit den Quotenplatz vor Norwegen, den USA, Dänemark und Australien.
Die Frage nach dem Geheimnis des Erfolgs beantwortet der Grade-1b-Reiter wie folgt: „Rio ist der Lohn für gutes Teamwork! Unsere Para-Referentin Eva-Maria Bachinger und Equipechefin Theres Rantner-Payer haben uns mit viel Einfühlungsvermögen und einem guten Plan auf Schiene gebracht. Dazu die professionelle Unterstützung des Österreichischen Pferdesportverbandes, der den Para-Cup – eine wichtige Turnierserie in Österreich – realisiert hat.
Auch das Paralympische Komitee und das Projekt Rio haben da ganze Arbeit geleistet und uns tatkräftig unterstützt. Dafür möchte ich allen danken!“
Pepo Puch ist der Motor des Teams
Eva-Maria Bachinger, als 5-Sterne-Richterin in der Para-Dressur auch als Ersatzrichterin in Rio engagiert, gibt das Kompliment zurück: „Pepo ist der Motor des Teams, sein Ehrgeiz ist ansteckend, deshalb ist er auch das große Vorbild für alle. Und dazu kamen die Leistungen von Michael Knauder, der sehr fein und genau mit dem Pferd arbeitet und das Glück hat, die 20-jährige Stute Contessa, die die Familie Fries unserem Rollstuhlfahrer zur Verfügung gestellt hat, reiten zu dürfen. Die beiden sind für mich unsere Rio-Fixstarter! Aber auch alle anderen, wie Julia Sciancalepore, Bernd Brugger, Jutta Rus-Machan und Thomas Haller, die die Nationenpreise für Österreich geritten sind, haben ihren Teil zum Erfolg beigetragen. Ich freue mich sehr für unser Team und ich freue mich sehr auf Rio!“
Der Countdown für die Paralympics
Wie ernst es Österreichs Para-Team mit der Vorbereitung auf die Paralympics nimmt, zeigen die intensiven Trainingslager und der genau auf Rio abgestimmte Turnierplan der einzelnen Teammitglieder. Equipechefin Theres Rantner-Payer – die glückliche Mischung aus Ergo-, Reittherapeutin und staatlich geprüfter Dressurtrainerin, die in Terfens in Tirol den Reitstall Gnadenwald betreibt – organisierte zum Beispiel ein Trainingslager mit dem Schwerpunkt Sitztraining, zur Verbesserung der Position am Pferd für ihre Schützlinge.
Pepo Puch, der mit Erfolgsstute Fine Feeling S, dem Wallach Fontainenoir und dem 7-jährigen Nachwuchstalent Dynamic Dream drei Pferde für Rio qualifiziert hat, hat die Reise nach Rio schon im Vorhinein durchgespielt: „Wir waren im März in Doha eingeladen. Da sind wir von Lüttich aus geflogen. Das Prozedere für Rio konnten wir so an diesem Flughafen schon üben.“
Schindlhof als letzte Station vor Rio
Die Österreichische Para-Equipe nützt die Österreichischen Meisterschaften (2.-3.7.) am Schindlhof als letzten großen Test vor den Paralympics in Rio de Janeiro. „Wir freuen uns sehr, dass wir hier in diesem wundervollen Ambiente neben all diesen Top-Dressurreitern zu Gast sein dürfen“, sagt der regierende Europameister Pepo Puch, der in der Paralympics-Saison mit Siegen und Top-3-Platzierungen mit seinem Rappen Fontainenoir bei den internationalen Turnieren in Doha (QAT), Deauville (FRA), Waregem (BEL) und Mannheim (GER) überzeugte.
Dass es in Rio nicht leicht wird, die Leistungen aus London zu wiederholen, zeigen die knappen Ergebnisse dieser internationalen Vergleiche. Puch: „Das Niveau ist unglaublich gestiegen. Immer bessere Dressur-Pferde mit internationaler Erfahrung werden in den Parasport geschickt, die Reiterinnen und Reiter werden auch immer besser. Da bin ich schon sehr glücklich darüber, dass wir so gut dagegen halten können und immer wieder vorne mitmischen.“
Daniel Winkler
Para-Equestrian
Reiten als Sport für Menschen mit Behinderung
Für Menschen mit Behinderung ist Reiten eine ideale Sportart, die auch zusammen mit Nichtbehinderten ausgeübt werden kann. Besondere Hilfsmittel, wie speziell umgebaute Sättel, machen das Reiten, Fahren oder Voltigieren auch Menschen mit schweren körperlichen und geistigen Behinderungen sowie Blinden zugänglich. Das Reiten als Sport für Menschen mit Behinderung ist nicht zu verwechseln mit dem Therapeutischem Reiten. Die Reiter mit Handicap sind im Leistungssport in Wettkampfklassen, sogenannte „Grades“, eingeteilt. Diese Zuordnung richtet sich nach der Schwere der Behinderung. So starten in Grade Ia bzw. Ib die am schwersten behinderten Reiter, geritten werden Schritt- und wahlweise Trabsequenzen. Ebenso wird im Grade II das Pferd im Schritt und Trab vorgestellt. Im Grad III entspricht die Dressuraufgabe einer LM (Mittelschweren Klasse). Aufgaben vergleichbar zur Dressur der Klassen M bis S im Regelsport absolvieren dagegen die Reiter in Grade IV. Die Kür kann alle vorstellbaren Lektionen, wie beispielsweise Serienwechsel, enthalten.
Im Jahre 2006 ist der Para-Equestrian-Sport offiziell als achte Disziplin von der Internationalen Reiterlichen Vereinigung (FEI) aufgenommen worden und steht hiermit gleichberechtigt zu allen anderen Pferdesportdisziplinen. 2010 wurde zum ersten Mal in der Geschichte eine gemeinsame Weltmeisterschaft mit allen acht Disziplinen im amerikanischen Lexington/Kentucky ausgerichtet. Damit ist der Pferdesport für sämtliche Sportarten „Vordenker“ und „Vorreiter“ für die Integration des Behindertensports.
Theres Rantner